Quo Vadis Krankenhaus:Markt – Sechs Fragen an Heinz Kölking

Derzeit wird wieder einmal intensiv über die Zukunft des deutschen Krankenhaus:Marktes diskutiert. Insbesondere mit Blick auf das Entscheidungsjahr 2009 stellte puls.b sechs Fragen an Heinz Kölking.

1. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation auf dem deutschen Krankenhausmarkt?

Wir durchleben einen mehrdimensionalen Strukturwandel in der Gesundheitswirtschaft insgesamt und insbesondere bei den Krankenhäusern. Einerseits erfordert die Alterszusammensetzung der Menschen in unserer Gesellschaft verbunden mit den immer größer werden medizinischen Möglichkeiten einen zunehmenden Bedarf an medizinischen und pflegerischen Leistungen. Andererseits führt der gleiche demografische Wandel zu immer größeren Problemen in der solidarischen Finanzierung der Leistungen.

Diese Konstellation verpflichtet alle Akteure dazu, die Strukturen und Prozesse so effektiv und effizient wie möglich zu gestalten, ohne die vereinbarte Qualität in Frage zu stellen, denn Verschwendung dürfen und können wir uns nicht leisten.

Über viele Jahre hinweg hat die Politik mit untauglichen Mitteln »Budgetierung« versucht, den Effizienzdruck zu erhöhen. Dies hat jedoch destruktive und demotivierende Entwicklungen gebracht. Hinzu kommt eine völlig unzureichende Refinanzierung von Investitionen, die gerade im Strukturwandel für Krankenhäuser existenziell ist. Die Einführung der leistungsbezogenen Finanzierung über Fallpauschalen ist richtig im Hinblick auf die obige Zielsetzung, muss jedoch einhergehen mit einer wirklichen Leistungsorientierung ohne Budgetdeckelung. Da für sollen/müssen jetzt die Voraussetzungen geschaffen werden.

2. Was sind die größten Herausforderungen, welche die Krankenhausträger in den kommenden Jahren zu bestehen haben? Und: Welche Faktoren müssen im Besonderen berücksichtigt werden, um erfolgreich die kommenden Jahre zu bestehen?

Die Krankenhausträger müssen sich in vielfältiger Weise positionieren. Dazu bedarf es einer grundlegenden Anpassung der Strukturen wie auch der Prozesse. Um dieses zu erreichen, müssen erhebliche Anstrengungen für das Veränderungsmanagement geleistet und Investitionen getätigt werden.

Folgende Erfolgsfaktoren (Malik) sind dabei maßgeblich:
· Marktstellung: Wettbewerbspositionierung durch adäquate und vernetzte Leistungsangebote
· Innovationsleistung: Krankenhäuser müssen auf dem Gebiet der Medizin, Pflege, aber auch in Strukturen und Prozesse innovativ agieren
· Produktivität: Das ständige Bemühen und Messen der Verbesserung
· Attraktivität für gute Leute
· Liquidität und Cashflow
· Profitabilität: Krankenhäuser müssen Geldverdienen, um die Zukunft zu sichern

3. Im Spannungsfeld zwischen Daseinsvorsorge, Effizienz- und ggf. Renditedruck: Wie beurteilen Sie die unterschiedlichen Trägerstrukturen?

Es muss unser gesellschaftliches Ziel sein, so effizient und effektiv zu arbeiten wie eben möglich, ohne die Qualität zu gefährden. Qualität misst sich an den Strukturen, Prozessen und den Ergebnissen, immer orientiert an der Patientenzufriedenheit. Alles andere würde bedeuten, dass wir uns mit Verschwendung abfinden.

Wie aber erreicht man nun dieses Ziel am besten? Da gibt es unterschiedliche Vorstellungen. Die Einen sagen, nur der Renditedruck der Investoren führte zum Ziel. Die Anderen sagen, dass zwar eine Rendite erzielt werden, diese jedoch uneingeschränkt im Unternehmen bleiben müsse. Entscheidend ist, dass die Ziele eindeutig sind und Anreize richtig gesetzt werden. Ökonomie ist nicht Selbstzweck!

4. Zum Wettbewerb der Krankenhäuser: Wie kann die ungleiche finanzielle Ausstattung der deutschen Krankenhäuser mit Investitionsmitteln überwunden werden?

Die Lösung ist nicht trivial und bedarf einer grundlegenden Analyse und auch zeitlicher Übergänge. Grundsätzlich befürworten wir eine pauschalierte Finanzierung der Investitionen, die sich am struktur- und leistungsbedingten Finanzierungsbedarf orientiert. Dies könnte eine an den DRG angekoppelte Investitionspauschale pro behandeltem Patient sein. Es ist jedoch augenscheinlich, dass nicht allein der Schweregrad der Erkrankung und die mit der Behandlung einhergehenden Prozeduren für die Höhe der notwendigen Investitionen maßgeblich sind. Auch die Infrastruktureines Krankenhauses dürfte dabei eine Rolle spielen.

Neben der gerechten Verteilung von Mitteln über den Preis muss aber auch die Höhe der Investitionsquote deutlich steigen. Der zeit liegen wir je nach Bundesland bei 3 bis 5% vom Umsatz. Das ist für solch innovative Unter nehmen, wie es Krankenhäuser nun mal sein müssen, viel zu wenig. Die Quote sollte deutlich über 10% liegen.

5. Wieso ist die Überwindung der Sektorengrenzen in Deutschland so mühsam? In welcher Verantwortung/Rolle sehen Sie die deutschen Krankenhäuser?

Neben dem allzu menschlichen Phänomen im Umgang mit Veränderung und Wandel gibt es hier eindeutig unterschiedliche Interessenlagen aus den vorhandenen und gewachsenen Strukturen. Dennoch haben wir hier mittlerweile viel Bewegung. Neue Strukturen und veränderte Prozesse bestimmen zunehmend unsere Gesundheitsversorgung. Dazu gehören immer mehr Leistungsangebote der Krankenhäuser, die nicht mehr im originär stationären Umfeld angesiedelt sind. Beispielhaft darf ich hier die Medizinischen Versorgungszentren, verschiedene Formen von Institutsambulanzen sowie unterschiedliche Ausprägungen von Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen oder Apotheken nennen.

In diesem Veränderungsprozess kommt den Krankenhäusern eine besondere Bedeutung zu, da diese in der Gesundheitsversorgung eine in vielfältiger Hinsicht bedeutende Rolle einnehmen. Beispielhaft möchte ich hier die Ausbildung, Weiterbildung sowie die Gestaltung des medizinischen Fortschrittes nennen.

6. Welche Rolle soll/kann der Krankenhausplanung noch zukommen?

Die Verantwortung der Kapazitätsplanung liegt bei den Bundesländern. Dies soll und kann auch so bleiben, bedarf jedoch einer Modifikation. Notwendig bleibt eine Rahmenplanung, in der sich das System in unternehmerisch agierenden Einheiten bewegt und Kräfte freisetzt.

Heinz Kölking ist Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands.