Buchvorstellung – Minimaler Gewinn als Strategie

Interview mit Dr. Bidjan Sobhani

Herr Dr. Sobhani, eine Suche bei amazon.de ergibt zum Thema »Strategisches Management« 1.160 Ergebnisse. Wieso in dieser Vielfalt ihr neu erschienenes Buch »Strategisches Management: Zukunftssicherung für Krankenhaus und Gesundheitsunternehmen«?

In dem Buch werden neben den Grundlagen des strategischen Managements auch die neuen Erkenntnisse der Managementwissenschaft dargestellt, die über das klassische Strategieverständnis hinausgehen. Dabei war es mir ein besonderes Anliegen, die zum Teil einseitige Sicht auf Themen durch alternative Perspektiven zu ergänzen. Es handelt sich also nicht um eine Zusammenfassung strategischer Erfolgsrezepte, sondern um eine Darstellung von zum Teil durchaus widersprüchlichen Aspekten, die im Zusammenhang mit Management von Bedeutung sind.

Könnten Sie da ein Beispiel geben?

Nehmen sie das Thema »Gewinn«. Normalerweise wird der Erfolg von Unternehmen am Gewinn abgelesen. Und um größeren Erfolg zu haben, muss man eben den Gewinn steigern. Mit dem Bemühen um die Steigerung des Gewinns sind jedoch erhebliche Risiken verbunden, das Risiko nämlich, dass man die Zukunft zu Gunsten des nächsten Jahresabschlusses verkauft.

Aber Gewinn anzustreben gilt doch als Grundlage des Unternehmertums. Stellen Sie dies in Frage?

Ich würde sogar noch weiter gehen und behaupten, dass es nicht darum geht, Gewinne zu maximieren, sondern sie zu minimieren. Sie sollten soweit minimiert werden, wie es mit der nachhaltigen Existenz des Unternehmens vereinbar ist. Zugegeben, es dürfte nicht ganz leicht sein, dieses minimale Gewinnniveau festzulegen. Aber ein primäres Gewinnstreben kann nicht die Grundlage für nachhaltiges Wirtschaften sein. Auswirkungen davon werden uns zur Zeit ja deutlich vor Augen geführt.

Sie arbeiten für ein gemeinnütziges Krankenhaus. Wollen Sie dessen Prinzipien auf die gesamte Branche übertragen? Ist der Ansatz auch für gewinnorientierte Unternehmen tragfähig?

Absolut! Die Unterscheidung in gemeinnützige und nicht-gemeinnützige … was für ein unschönes Attribut … Unternehmen halte ich zudem für ein unglückliche Unterscheidung. Alle Unternehmen erfüllen ein und denselben Zweck: Sie sollen mit ihren Leistungen zum Wohlergehen der Gesellschaft beitragen. Der Gewinn ist dann Ausdruck davon, dass die Bedürfnisse der Anspruchsgruppen in ausreichendem Maße zufriedengestellt wurden. Was es gibt, das sind gemeinnützige Anteilseigner. Nämlich diejenigen, die auf die ihnen zustehende Rendite verzichten und sie dem Unternehmen soz. »spenden«. Diese Unterscheidung macht Sinn. Aber Unternehmen sollten allesamt den Nutzen für die Gemeinschaft als Daseinszweck sehen. Aus diesem Grund plädiert auch der große Managementvordenker Peter Drucker dafür, dass das sogenannte »gemeinnützige Unternehmen« als Grundmuster auch für das Management kommerzieller Unternehmen herangezogen werden sollte.

Welche Konsequenzen hat eine derartige Grundposition für das strategische Management

Da der Ressourceneinsatz für Maßnahmen, die den langfristigen Erfolg in der Zukunft sichern, immer im Konflikt steht mit dem kurzfristigen finanziellen Erfolg, sollte man sich innerhalb des Unternehmens über Grundsätzliches einig sein. Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Sicht werden dann immer wieder unternehmensphilosophische und ethische Aspekte berührt werden.

An wen richtet sich das Buch primär?

Strategisches Management beschäftigt sich mit dem Management von Erfolgspotentialen. Da Erfolgspotentiale nicht das Ergebnis von Fertigrezepten sondern von Einsichtspotentialen sind, dürfte das Buch vor allem für Leser von Interesse sein, die darum bemüht sind, ihr bestehendes Bild von Management zu erweitern.

 

Strategisches Management
Zukunftssicherung für Krankenhaus und Gesundheitsunternehmen

Verlag: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 1. Auflage, Nov. 2008
ISBN-13: 978-3939069799
Taschenbuch: 220 S., 44,95 Euro
Dr. Bidjan Sobhani, MBA ist Leiter des Unternehmensbereichs Strategie und Innovation der DRK Kliniken Berlin.