Replik von Cornelia Yzer auf den Beitrag »Forschungszwerg Deutschland«

»Eine Pille [ist] nur dann wirksam, wenn sie in die Hände der Menschen gelangt« – so schreibt Gesa Wicke in ihrem Artikel »Forschungszwerg Deutschland«, in dem sie Wege zu mehr Medikamenten gegen Krankheiten der Entwicklungsländer diskutiert. Das trifft den Kern eines großen Problems: Viele Hindernisse müssen überwunden werden, bis Menschen in Entwicklungsländern tatsächlich mit Arzneimitteln versorgt werden.

Patente sind dabei Teil der Lösung. Das zeigt die erfolgreiche Arbeit etlicher Public-Private-Partnerships für neue Medikamente gegen bislang schlecht behandelbare Armutskrankheiten, in denen Pharmafirmen, Forschungseinrichtungen, Hilfsorganisationen sowie private und öffentliche Geldgeber kooperieren. Hier werden Nutzungsrechte – meist auf Grundlage von Patenten – frühzeitig zwischen den Partnern aufgeteilt: Ein Hersteller verpflichtet sich beispielsweise, ein aus der gemeinsamen Arbeit hervorgehendes Präparat später zum Einsatz gegen eine Tropenkrankheit zum Selbstkostenpreis zu liefern, kann es aber für andere medizinische Anwendungen und in Industrienationen normal vermarkten. Die beteiligten Hersteller können so einen wesentlich größeren Eigenbeitrag leisten und später refinanzieren, ohne dass dies den Zugang armer Menschen behinderte. Ist das Präparat dann zugelassen, ist der Patentschutz wichtig, um die nötige Produktqualität sicherzustellen, indem Nachahmerhersteller, die nicht die Mindestqualität gemäß den Standards der Weltgesundheitsorganisation realisieren können, an der Produktion gehindert werden.

Manche glauben hingegen, die medizinischen Versorgungsprobleme könnten durch Aushebeln des Patentschutzes gelöst werden. Doch wie kommt es dann, dass in Indien mit seinen Tausenden von Herstellern und mehr als einem Dutzend patentfreien AIDS-Wirkstoffen doch nur 70.000 von 2 Mio. Infizierten eine Therapie erhalten? Und warum produziert niemand die Schlafkrankheitsmittel Eflornithin und Germanin, deren Patente seit Jahrzehnten frei sind, außer den Unternehmen, die sie erfunden haben?

Doch zurück zu den tatsächlichen Problemen: Das größte ist der eklatante Mangel an Ärzten, Pflegekräften und einem Apotheken wesen. Hier tun Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen einen guten Job, weil sie medizinische Infrastruktur tatsächlich tief in den Provinzen armer Länder aufbauen. Sie können aber doch nicht dauerhaft die Lückenbüßer für fehlende Anstrengungen der betroffenen Staaten sein! Dann sind da die Kosten für Arzneimittel: Originalhersteller liefern Entwicklungsländern viele essenzielle Präparate zu Sonderkonditionen. Oft genug unterbieten sie damit Generikahersteller. Ein Erfolgsbeispiel ist Lepra: Unternehmen haben lang schon wirksame Antibiotika dagegen herausgebracht, und internationale Anstrengungen einschließlich der Arznei mittel spenden einer forschenden Pharmafirma haben die Krankheit mittlerweile bereits zu 98% ausgerottet.

Pharmafirmen tragen auf viele Arten zu einer besseren Arzneimittelversorgung der Entwicklungsländer bei. Nachhaltig kann ein solches Engagement aber nur dann sein, wenn sich die Mitgliedstaaten der WHO zu ihrer Verantwortung bekennen und selbst ihren Teil der nötigen finanziellen Mittel für die Erforschung der Krankheiten und die Entwicklung und den Einsatz geeigneter Medikamente zur Verfügung stellen. Einige tun das bereits.