Die Reform des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD). Seit Jahren wartet Berlin auf den Abschluss der ÖGD-Reform. Aber: Sind die Grundlagen richtig gelegt? Wie bewerten Sie den Umsetzungsprozess? Und: Wohin sollte sich der Berliner ÖGD entwickeln? Wir fragen die gesundheitspolitischen Sprecher der CDU und der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus.
Mario Czaja, CDU
Sind die Grundlagen für die ÖGD-Reform richtig gelegt?
Die anfangs fraktionsübergreifende Einigkeit über die Notwendigkeit der Straffung, Modernisierung und Reformierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes bei der Vielzahl der sozialen und gesundheitlichen Probleme der Berliner Bevölkerung ging sehr schnell in die Brüche. Grund 1 war und ist die rücksichtslose finanzielle und personelle Ausplünderung des ÖGD durch die rot-rote Koalition seit ihrem Regierungsantritt. Grund 2 ist die falsche Herangehensweise unter dem Motto: Erst streichen, dann planen, die jegliche inhaltliche Neuausrichtung von vornherein zur Makulatur verkommen lässt. Hinzu kommt, dass das alte Gesundheitsdienstgesetz unter SPD und PDS/Die Linke zu einem allgemeinen Leitbild verwässert wurde. Mindeststandards für zu erbringende Leistungen fehlen ebenso wie Festlegungen für personelle Ausstattungen und konkrete Verantwortlichkeiten. Das sind die denkbar schlechtesten Voraussetzungen für einen leistungsfähigen ÖGD. Von einer Reform oder von einer Modernisierung kann deshalb keine Rede sein.
Wie bewerten wir den Prozess?
Die verantwortliche Senatorin Lompscher von der Linkspartei setzt fort, was ihr Staatssekretär – Vorgänger begonnen hat. Sie stoppt den Personalabbau nicht. Sie reduziert weiter wichtige Beratungsstellen, wie etwa die Tuberkulosefürsorgestellen. Sie entfaltet nicht die notwendigen Aktivitäten für einen nachhaltigen Kinderschutz. Sie baut weiter die Leistungen für Kinder mit Behinderungen ab. Sie setzt die Vorhaben für eine wirksame Lebensmittelkontrolle nicht um. All das zeigt, warum die Mehrzahl der Bezirke dem Senatspapier zur »Zielstruktur des Öffentlichen Gesundheitsdienstes« eine kräftige Abfuhr erteilte.
Wohin sollte sich der Berliner ÖGD entwickeln?
Neben der einheitlichen Struktur der Gesundheitsämter sind die Aufgabenstellungen auf der Grundlage einer gründlichen Bedarfsanalyse zu präzisieren. Absoluten Vorrang haben dabei für mich der Schutz der Kinder- und Jugendgesundheit, der Infektions- und Katastrophenschutz sowie im sozialkompensatorischen Sinne die gesundheitliche Beratung und Betreuung der Menschen, die aus verschiedenen Gründen wenig oder keinen Zugang zu anderen medizinischen Versorgungsmöglichkeiten finden. Das ist nicht ohne ausreichendes und gut ausgebildetes Personal zu machen. Spart der Senat wie bisher, spart er weiter zu Lasten der Bevölkerung.