Krankenkassen als Forschungsfinanzierer?

In Deutschland wird das Thema Forschung und deren Finanzierung auf den unterschiedlichen Feldern der Wissenschaft dominant diskutiert. In der aktuellen Debatte um den For­schungs­standort Deutschland haben die politischen Ak­tivitäten von Forschungsministerin Dr. Annette Schavan auf der Basis des Regierungsprogramms »Gesundheitsforschung: Forschung für den Men­schen« einen intensiven Dialog bei sämtlichen Pla­yern des Gesundheitswesens ausgelöst. Ver­stärkt wird die Frage aufgerufen, Krankenkassen als Finanziers für Forschungsvorhaben vorzusehen.

Bevor eine Bewertung vorgenommen werden kann, ist zunächst zu klären, für welche For­schungsansätze Mittel bereit gestellt und welche Ziele damit erreicht werden sollen. Schließlich sind Forschungsansätze auf dem breiten Feld von Ge­sundheit unterschiedlich gefächert. Hierzu er­gibt sich unmittelbar die Frage, mit welchem In­te­res­se und mit welchem ökonomischen, versorgungsrelevanten, ethischen und qualitativen For­schungsansatz und den sich daraus ergebenden Lö­sungen Kran­kenkassen beteiligt sind.

Die Praxis der bisherigen Organisation der For­schungsarbeit zeigt, dass die Hochschulen und deren kompetente Hochschullehrer neben der Lehre als selbstverständlichen Arbeitsansatz die Forschung betreiben und dabei die öffentlich bereitgestellten Mittel einsetzen. Mit unterschiedlicher Intensität werden diese Forschungsansätze für die Versorgungsoptimierung – und damit für die Zielsetzung von Krankenkassen – eingesetzt. Studienrichtungen wie Public Health sind beispielsweise damit befasst, sich der Erschließung von Zusammenhängen forschungsmäßig zu nä­hern.

Für die Zukunft ist nach meiner festen Über­zeu­gung der Einsatz von erheblichen (finanziellen) Ressourcen für die Forschung erforderlich, um insbesondere die globalen Heraus­for­de­run­gen durch den demografischen Wandel und die Bekämpfung komplexer Krankheitsbilder zu be­stehen.

Mit den bisherigen Lösungsmustern wird nur bedingt ein wirklicher Fortschritt im Sinne einer vernetzten Betrachtungsweise möglich sein. For­schung wird gegenwärtig unterschiedlich finanziert, und zwar vor allem durch die jeweils bereitgestellten öffentlichen (Steuer-)Mittel, Dritt­mit­tel, Industriemittel sowie sonstigen Finanz­zu­wen­dungen. Entsprechend der Finanzierung sind die Forschungsvorhaben angelegt. Eine ganzheitliche Betrachtung des Forschungsergebnisses findet auf dem Gebiet der Gesundheitsforschung im Allgemeinen nicht statt.

Vergleicht man die Vorgehensweise mit der For­schungsarbeit in der Technik, fällt auf, dass dort seit längerem selbstverständlich die technologischen Forschungsergebnisse auch unter dem Aspekt der Folgenabschätzung bewertet werden. Eine vergleichbare Betrachtung gibt es in der Ge­sundheitsforschung kaum. Vor allem fehlt es bei den Forschungsergebnissen nicht selten an der Dar­stellung des outcome.

Es verwundert deshalb kaum, dass in Deutsch­land die Ansätze der Ver­sor­gungsforschung und vor allem deren Ergebnisse im internationalen Vergleich noch erheblich ausbaufähig sind.

Bevor neue Finanziers für Forschungsvorhaben gesucht werden, ist es mit Blick auf den optimalen Ressourceneinsatz wichtig, die Forschungsan­sät­ze hinsichtlich einer vernetzten Ergebnis­be­wer­tung weiter zu entwickeln.

Vom Ergebnis her betrachtet, muss zunächst geklärt werden, wer einen Nutzen aus bestimmten Forschungsvorhaben zieht. Be­steht die Bereit­schaft der Industrie, bei eingesetztem For­schungs­­geld durch die Kran­kenversicherung die Gewinne, auf die Krankenkassen angemessen zu verteilen? Wie sollte bei einer For­schungs­finan­zierung durch die Krankenversicherung in Deutsch­land die Beteili­gung der PKV aussehen? Wie sieht es hinsichtlich der Mittelbereitstellung durch den Staat für den Be­reich der beihilfefinanzierten Aufwendungen aus?

Diese wenigen Beispiele zeigen, welche Fragen zunächst geklärt werden müssen, bevor der schnelle  Ruf nach anderen Finanziers kommen sollte. In der Debatte darf jedenfalls nicht vergessen werden: Die Beitragszahler sind auch Steuer­zahler.