Eigeninitiative der Unternehmen, Vernetzung und keine Scheu vor kontrovers diskutierten Ansätzen
Die klassische Ausbildung nicht vergessen
Die W.O.M. WORLD OF MEDICINE AG gehört zu den weltweit marktführenden Anbietern von Geräten für schonende Operationstechniken. Der Anteil von Ingenieuren an allen Mitarbeitern betrug im Jahr 2007 durchschnittlich 24 Prozent.
Unser Anforderungsprofil an Ingenieure hat sich in den letzten Jahren nicht viel geändert – anders an den Universitäten. Bei uns sind klassische Kenntnisse in der Regel- und Messtechnik sowie in der Mikroprozessor-Programmierung gefragt. Wir suchen also in der Regel auf diese Inhalte spezialisierte Elektrotechniker oder (technische) Informatiker. Ausgebildet wurden in den letzten Jahren vor allem Softwareentwickler für die boomenden Internetfirmen. Mittlerweile sind diese Boomjahre vorbei. Dennoch haben wir noch immer mit diesem Bruch in der Ingenieursausbildung zu kämpfen. Hier lautet meine Forderung an Politik, Bildungsträger und Studenten: Trends sind schön, aber rennen Sie ihnen nicht wie die Lemminge hinterher!
Eigeninitiative der Unternehmen ist gefragt
Zuallererst sind die Unternehmen jedoch selbst gefragt, etwas zu tun, um ihre Arbeitsplätze adäquat zu besetzen. Unsere Aufgabe ist es, frühzeitig und aktiv den Kontakt mit dem Nachwuchs zu suchen – in Kindergärten, Schulen oder Universitäten. Auch wir bieten aktiv Schulpraktika an, veranstalten Schülerführungen, besuchen regionale Ausbildungsmessen und offerieren in Aushängen an Universitäten offene Stellen für Werkstudenten oder Diplomanden. Ende Jahr 2007 waren 20 Diplomanden, Studenten, Auszubildende und Praktikanten bei uns beschäftigt – immerhin fast 10 Prozent der Mitarbeiter.
Vernetzung im Personalmarketing im Mittelstand noch in den Kinderschuhen
Was aus meiner Sicht dabei noch verbesserungswürdig ist – vor allem im Mittelstand, ist die Vernetzung der Unternehmen im Bereich Personalmarketing. Aus der eher ländlichen Region unseres Standorts Ludwigsstadt sind wir eine viel engere Zusammenarbeit der Unternehmen gewohnt als im Haifischbecken Berlin. Natürlich trägt auch hier gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit (z.B. im medtecnet-BB, einem Zusammenschluss Berliner Medizintechnikunternehmen) dazu bei, die Unternehmen bekannter und damit auch als Arbeitsgeber attraktiver zu machen. Ich würde mir jedoch wünschen, dass bestehende oder neue Netzwerke sich das Personalmarketing explizit auf die Fahnen schreiben.
Mut zu neuen Konzepten
Unternehmen müssen jedoch auch neue, vielleicht kontrovers diskutierte Wege gehen, um den zukünftigen Fachkräftebedarf zu decken. Ich möchte hier nur zwei Beispiele nennen, die durchaus kritisch diskutiert werden dürfen.
1. Trainee-Studienplätze – Arbeitsvertrag in der Tasche
Unternehmen und Personaler können nicht mehr erwarten, dass ihnen der Staat fertige Ingenieure, deren Ausbildung auf die Bedürfnisse der Unternehmen zugeschnitten ist, vor die Labortüren stellt. Bereits jetzt nehmen Unternehmen die Weiterbildung ihrer Bewerber selbst in die Hand. Einen Schritt weiter geht das Konzept so genannter Trainee-Studienplätze an privaten Universitäten. Dabei absolviert der Student parallel zu seinem Studium eine Trainee-Ausbildung im Unternehmen und verpflichtet sich im Anschluss, für eine gewisse Zeit im Unternehmen zu arbeiten. Im Gegenzug wird der Studienplatz von den Unternehmen vorfinanziert. Teilweise kann dieses Geld über ein etwas niedrigeres Einstiegsgehalt in den ersten Jahren zurückgezahlt werden. Die Kritiker sagen: Nachwuchskräfte werden mit langfristigen Verträgen geknebelt. Die Vorteile liegen jedoch auf der Hand. Die Studenten erhalten eine exzellente Ausbildung gepaart mit Praxiserfahrung und haben in der Regel direkt im Anschluss an ihre Ausbildung einen Arbeitsvertrag in der Tasche. Die Unternehmen sind in die Ausbildung der zukünftigen Mitarbeiter eingebunden und können diese auf den individuellen Bedarf abstimmen. Und die Universitäten bekommen direkte Rückmeldung aus der Praxis, ob die Studieninhalte entsprechende Relevanz in der Arbeitswelt haben. Für mich ein zukunftsweisendes Konzept, das es unbedingt auch bei technisch-naturwissenschaftlichen Universitätsausbildungen geben sollte!
2. Zeitarbeit – flexible Mitarbeiter für flexible Unternehmen
Das zweite Beispiel ist die Zeitarbeit. Die meisten Unternehmen sind heute durch ein zyklisches, projektgetriebenes Geschäft geprägt. Das sehr starre deutsche Arbeitsrecht hindert viele Unternehmen daran, in Boomphasen zusätzliches Personal, zusätzliche Fachkräfte, einzustellen. Die Folge: Überstunden und extrem hohe Belastung für die bestehende Belegschaft. Durch Zeitarbeit kann diese Spitzenbelastung aufgefangen werden. Dabei entstehen zusätzliche Arbeitsplätze. Nicht umsonst wird die Zahl der Zeitarbeitnehmer bis zum Jahr 2012 um 90 Prozent auf über 750.000 Personen steigen.
Lassen Sie mich also zusammenfassen:
- Klassische Ausbildungsinhalte sollten nicht zugunsten von Modeerscheinungen vernachlässigt werden.
- Eigeninitiative der Unternehmen ist gefragt.
- In der Vernetzung mittelständischer Unternehmen im Personalmarketing steckt noch eine Menge Potenzial.
- Unternehmen müssen bei der Besetzung von Fachkräfte-Stellen innovative Wege gehen.